Nordspanien genießen: Atlantikfrische, Fleischqualität und kulinarische Ehrlichkeit

 

Nordspanien genießen: Atlantikfrische, Fleischqualität und kulinarische Ehrlichkeit

Nordspanien – das klingt nach grünen Landschaften, wilden Küsten und kulinarischen Überraschungen. Die Regionen Baskenland, Asturien, Galicien und Kantabrien teilen sich nicht nur die unmittelbare Nähe zum Atlantik, sondern auch eine kulinarische Identität, die auf Qualität, Tradition und Stolz basiert. Während Fischliebhaber hier ihr Eldorado finden, gibt es auch für Fleischgenießer erstaunliche Entdeckungen – jenseits von Jamón Ibérico und Chorizo.


1. Die Nähe zum Atlantik: Fisch von unschlagbarer Qualität

Beginnen wir mit dem Offensichtlichen. Der Atlantik prägt nicht nur das Klima, sondern vor allem die Küche Nordspaniens. Der Fischfang hat hier eine jahrhundertelange Tradition, die sich direkt auf den Tellern widerspiegelt. Ob in kleinen Hafenorten oder in den Feinschmeckerlokalen von San Sebastián – die Qualität des Fisches ist durchweg erstklassig.

Warum ist der Fisch in Nordspanien so gut?

  • Frische: Dank kurzer Wege vom Fang zum Teller landet der Fisch oft noch am selben Tag in der Küche.

  • Vielfalt: Von Seehecht (Merluza) über Seezunge bis zu Tintenfisch, Pulpo und Sardellen – das Angebot ist reichhaltig und saisonal geprägt.

  • Tradition: Fisch wird meist schlicht zubereitet – gegrillt, gebraten oder im eigenen Saft gegart. Weniger ist mehr.

Nordspanien teilt sich mit Japan den höchsten Fischkonsum pro Kopf weltweit. Diese Tatsache allein spricht für sich. Wer Fisch liebt, kommt an Nordspanien nicht vorbei – sei es bei einem Teller Bacalao a la Vizcaína oder gegrillten Sardinen direkt am Strand.


2. Überraschung auf dem Teller: Fleisch in Spitzenqualität

Was viele nicht wissen: Auch das Fleisch in Nordspanien spielt in der obersten Liga. Und damit meinen wir nicht die allseits bekannten Spezialitäten wie Pata Negra, Serrano oder Chorizo. Nein – es geht um frisches Fleisch, das in seiner Qualität und Reife überrascht.

Chuleton und Solomillo: Die Könige des Fleisches

  • Chuleton: Das berühmte baskische Riesensteak, oft über 1,2 kg schwer. Außen kross, innen zartrosa – meist nur mit Meersalz gewürzt.

  • Solomillo: Das Filetstück, das sowohl gebraten als auch gegrillt serviert wird. Zart, saftig, aromatisch.

Dieses Fleisch stammt meist von alten Rinderrassen, die auf den saftigen Weiden Galiciens oder Asturiens grasen. Besonders beliebt: das „Rubia Gallega“-Rind – bekannt für seine Marmorierung und Tiefe im Geschmack. Die Tiere werden traditionell gehalten, haben viel Bewegung und fressen natürliches Futter – Faktoren, die sich direkt auf die Qualität auswirken.


3. Einfache Beilagen, ehrliche Küche

Ein weiteres Highlight der nordspanischen Küche: die Beilagen. Sie treten nicht in den Vordergrund, sondern unterstützen das Hauptprodukt – sei es Fisch oder Fleisch – auf elegante Weise. Besonders beliebt:

  • Pimientos de Piquillo: Mild-süße Paprikaschoten, oft leicht geröstet oder in Olivenöl eingelegt.

  • Frittierte Kartoffeln: Keine tiefgefrorenen Pommes, sondern hausgemacht – frisch geschnitten, zweimal frittiert, knusprig außen, weich innen.

Und genau hier beginnt der kulinarische Vergleich, der in der deutschen Gastronomie viele Fragen aufwirft.


4. Tiefkühlpommes in Deutschland: Eine verpasste Chance?

Wer in Deutschland in ein durchschnittliches Restaurant geht, wird fast immer mit industriell gefertigter Tiefkühlware konfrontiert – besonders bei den Beilagen. Gerade Pommes frites sind ein Paradebeispiel dafür, wie Standardisierung Geschmack ersetzt hat.

Warum sind hausgemachte Pommes die bessere Wahl?

  • Geschmack: Frisch geschnittene Kartoffeln haben einen natürlichen, erdigen Geschmack, der durch das Frittieren betont wird.

  • Textur: Innen weich, außen knusprig – bei richtiger Zubereitung sind sie unschlagbar.

  • Individualität: Jede Portion ist ein Unikat. Keine Massenware, kein Einheitsbrei.

Das Argument der Bequemlichkeit greift hier zu kurz. Denn selbst kleinere Lokale in Nordspanien machen es vor: Mit einfachsten Mitteln entstehen Beilagen, die den Hauptgang perfekt begleiten – und die Küche ehrenvoll repräsentieren.


Chuleton in bester Qualität. Gegessen in PunVieja



5. Wo bleibt der Berufs-Stolz?

Hier drängt sich eine berechtigte Frage auf: Wo bleibt der kulinarische Stolz vieler deutscher Köche? Warum scheuen sich so viele Gastronomen, einfache Produkte in hoher Qualität selbst zuzubereiten?

Natürlich spielen wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Personal ist knapp, Zeit ist Geld. Doch darf man deshalb auf Qualität verzichten?

Die Ehre des Kochberufs

In Nordspanien ist Kochen ein Handwerk mit Prestige. Der Beruf des Kochs ist angesehen – und die Erwartung, hochwertige Zutaten respektvoll zu behandeln, ist tief verankert.

  • Fisch wird nicht totgegart.

  • Fleisch wird nicht überwürzt.

  • Beilagen sind frisch, einfach und ehrlich.

Es geht nicht um Sterne, sondern um Handwerk, Qualität und Authentizität. Diese Haltung fehlt in vielen deutschen Küchen – zumindest außerhalb der Spitzengastronomie.


6. Fazit: Eine Reise wert – auch kulinarisch

Nordspanien ist mehr als schöne Landschaften und wilde Küsten. Es ist eine Region, in der Essen einen hohen Stellenwert hat. Eine Region, in der Fisch und Fleisch nicht einfach Zutaten sind, sondern Teil einer Kultur. Und eine Region, in der Beilagen nicht aus der Tiefkühltruhe kommen.

Wer einmal ein Chuleton aus Galicien oder ein gegrilltes Seehechtfilet an der Küste Kantabriens probiert hat, der weiß: Es geht auch anders. Es geht besser.

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